Aufsichtsrat Prof. Peter Buxmann im Portrait

Seit Ende Juni 2021 ist der Aufsichtsrat der Eckelmann AG um einen klugen Kopf reicher: Ein Interview mit Professor Peter Buxmann.

2022/06/29 von

Peter Buxmann absolvierte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik an der Universität Frankfurt, wo er auch promovierte. Nach einem Forschungs- und Lehraufenthalt an der University of California in Berkeley habilitierte er sich. Von 2000 – 2004 war er Professor für Wirtschaftsinformatik und Informationswirtschaft an der Technischen Universität Freiberg, bevor er an die Technische Universität Darmstadt wechselte.

Dort an der TU Darmstadt ist er Universitätsprofessor für Wirtschaftsinformatik | Software & Digital Business. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, Methoden und Anwendungen der Künstlichen Intelligenz sowie der Wert von Daten.

Er ist Autor zahlreicher Aufsätze und Bücher, darunter die Werke »Künstliche Intelligenz – Mit Algorithmen zum Erfolg« und »Die Softwareindustrie – Strategien und Neue Geschäftsmodelle«. Die Arbeiten von Peter Buxmann und seinem Team wurden mehrfach ausgezeichnet, z.B. mit dem Best Paper Award bei der Software Business Conference am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Zudem ist er Host des FAZ-Podcast »Künstliche Intelligenz«.

FM: Neben Ihrer Tätigkeit an der TU Darmstadt haben Sie sich auch viel mit dem Thema Start-ups beschäftigt und sind auch selbst Gründer von Unternehmen. Was sind das für Unternehmen und welche Geschäftsmodelle verfolgen sie?

Peter Buxmann: Das erste Unternehmen habe ich um die Jahrtausendwende mitgegründet. Es war eine sehr spannende Geschichte mitten in der Internet-Blase, mit vielen großen Unternehmen und Wagniskapitalgebern, die in uns investiert haben.

Inhaltlich ging es um die Konvertierung von Geschäftsdokumenten mit Hilfe von XML (Extensible Markup Language – von Menschen und Maschinen lesbare Textdatei, Anm. d. Redaktion). XML war damals der große Hype. Schließlich sind wir aufgekauft worden. Meine Erfahrung dabei: Ich habe unglaublich viel gelernt und es hat sehr viel Spaß gemacht! Bei der zweiten Gründung ging es darum, eine neuartige Plattform für die Musikindustrie zu schaffen. Der Clou: Die Plattform konzentrierte sich auf unbekannte Künstler und die Hörerinnen und Hörer durften selbst entscheiden, wieviel sie für die einzelnen Songs bezahlen wollen. Ich dachte, das sei eine gute Idee, frei nach dem Motto: Für Bruce Springsteen oder Madonna würde wahrscheinlich kaum jemand freiwillig bezahlen, weil diese Musiker ja sowieso genug Geld haben, aber für unbekannte Künstler … Aber das Ergebnis war letztlich enttäuschend: Die Plattform wurde zwar tatsächlich sehr genutzt, aber die freiwillige Zahlungsbereitschaft war extrem gering. Dieses »Trittbrettfahrertum« haben wir für unbekannte – und häufig finanziell wenig gut gestellte Musiker – nicht erwartet. Wir haben die Plattform daraufhin eingestellt, weil klar war, dass wir wirtschaftlich auf keinen grünen Zweig kommen würden. Hat dennoch viel Spaß gemacht – nur das Ende war natürlich anders als wir es uns vorgestellt hatten.

Zudem unterstütze ich seit Jahren viele Gründungen an der TU Darmstadt, insbesondere natürlich solche mit digitalen Geschäftsmodellen.

FM: Sie haben das Gründungszentrums HIGHEST (Home of Innovation, GrowtH, EntrepreneurShip and Technology Management) an der TU Darmstadt aufgebaut, fünf Jahre geleitet und sind jetzt Beiratsvorsitzender. Was ist das für eine Einrichtung und wen unterstützt sie?

Peter Buxmann: Das Ziel von HIGHEST ist es, Unternehmensgründungen – insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und High-Tech – zu unterstützen. Die Angebote reichen hier von der Vernetzung mit etablierten Unternehmen, der Suche nach Kapitalgebern bis hin zu einer finanziellen Unterstützung der Gründerinnen und Gründer, letzteres häufig über Gründerstipendien. Ein besonderes Anliegen ist es mir auch, das Mindset der Studentinnen und Studenten in Richtung eines stärkeren unternehmerischen Denkens zu verändern – und das unabhängig davon, ob sie tatsächlich ein eigenes Start-up gründen oder nicht. Dazu haben wir u.a. eine Kooperation mit der israelischen IDC Reichman University aufgebaut, die seit fast zehn Jahren besteht und hervorragend funktioniert. Dabei wird immer wieder deutlich, wie viel wir von der Start-up-Nation Israel lernen können!

FM: Sie leiten viele Forschungsprojekte, sind Mitglied in zahlreichen Leitungs- und Aufsichtsgremien, wie zum Beispiel im Beirat des Weizenbaum-Instituts für die vernetzte Gesellschaft, das Deutsche Internet Institut in Berlin. Nun bereichern Sie auch den Aufsichtsrat der Eckelmann AG. Wie kam der Kontakt zu uns zustande?

Peter Buxmann: Das ging alles ziemlich schnell. Wir hatten einen gemeinsamen Workshop zum Thema Künstliche Intelligenz, um Kooperationspotenziale zwischen der Eckelmann AG und der TU Darmstadt auszuloten. Danach haben wir uns bei der Serviceware SE wieder getroffen, mit der ich seit einigen Jahren eng zusammenarbeite. Seitens der Eckelmann AG waren Gerd und Philipp Eckelmann sowie Marco Münchhof dabei. Ein paar Tage später rief mich Gerd Eckelmann in seiner sympathischen und zupackenden Art an und fragte, ob ich Interesse hätte, die Eckelmann AG rund um das Thema Digitalisierung als Aufsichtsrat zu unterstützen. Ich habe mich sehr darüber gefreut und gerne zugesagt.

FM: Was sind Ihrer Beobachtung in Forschung und Praxis nach die wichtigsten Trends in der Industriellen Digitalisierung? Und welche Chance sehen Sie für die Eckelmann AG?

Peter Buxmann: Es gibt viele Befragungen zu digitalen Trends und es werden häufig Themen wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing oder die Blockchain als die wichtigsten technologischen Trends für die Zukunft genannt. Wichtig bei der Bewertung dieser neuen Technologien ist es allerdings, stets den Kundennutzen bzw. die potenziellen betriebswirtschaftlichen Vorteile im Blick zu behalten. Ich bin beispielsweise davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz sowie die Entwicklung digitaler bzw. datenbasierter Geschäftsmodelle für die Eckelmann AG und ihre Kunden in naher Zukunft sehr interessante und relevante Themen sein werden. Demgegenüber wäre ich eher skeptisch was den konkreten Nutzen der Blockchain-Technologie angeht. Auch Anwendungen im Bereich des Quantencomputing sind für uns in der Anwendung sicherlich noch kein Thema. Wichtig ist es also dabei auch zu verstehen, dass die digitale Transformation kein rein technisches Thema ist. Vielmehr geht es auch darum, alle Stakeholder – also zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Technologiepartner und insbesondere die Kunden – mitzunehmen und zu begeistern. Das funktioniert nur, wenn durch neue Technologien, Prozesse oder Geschäftsmodelle echte Mehrwerte geschaffen werden.

FM: Und was sind die größten Herausforderungen, die ein Unternehmen wie die Eckelmann AG in den nächsten 2 bis 5 Jahren stemmen muss?

Peter Buxmann: Eine große Herausforderung wird darin bestehen, die digitale Transformation erfolgreich zu gestalten und voranzutreiben. »Software eats the world« hat Marc Andreessen, Mitgründer von Netscape Communications und heute einer der einflussreichsten Risikokapitalgeber der Welt, einmal gesagt und sprach davon, dass jedes Unternehmen zu einem Softwareanbieter werden wird. Ich denke, die Eckelmann AG ist in diesen Bereichen bereits sehr gut aufgestellt und auf einem guten Weg. Ich freue mich sehr darauf, die Eckelmann AG bei diesem Prozess der digitalen Transformation im Rahmen meiner Aufsichtsratstätigkeit zu unterstützen.